BGH, Urteil vom 12.06.2012, Az. II ZR 256/11 – Haftung des Geschäftsführers einer UG für unrichtigen Rechtsformzusatz GmbH

Tritt der Geschäftsführers einer Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) unter dem unrichtigen Rechtsformzusatz „GmbH“ auf, so haftet er gegenüber dem auf den Rechtsschrein vertrauenden Vertragspartner persönlich auf Schadensersatz.

I. amtliche Leitsätze

  1. Die Rechtsscheinhaftung analog § 179 BGB greift auch dann ein, wenn für eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) mit dem unrichtigen Rechtsformzusatz „GmbH“ gehandelt wird.
  2. In diesem Fall haftet der Handelnde nicht nach den Grundsätzen der Unterbilanzhaftung, sondern dem auf den Rechtsschein vertrauenden Vertragspartner persönlich.(gerichtliche Leitsätze)

II. Zusammenfassung des Urteils

Der Beklagte war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer Unternehmer-gesellschaft (haftungsbeschränkt), die mit einem Stammkapital von 100 Euro im Handelsregister eingetragen worden war. Statt unter den vom Gesetz vorgesehenen Bezeichnungen „UG (haftungsbeschränkt)“ oder wahlweise „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)“ trat er unter der Bezeichnung „H-GmbH.u.G.(i.G.), M.H.” und „HM-GmbH, u.g.” nach außen am Markt auf.

Nachdem im Rahmen eines geschlossenen Vertrages die Gesellschaft ihre Arbeiten nicht zu Ende geführt hatte, klagte der Kunde sowohl gegen die Gesellschaft als auch gegen den Beklagten persönlich auf Schadensersatz. Der gegen die Gesellschaft gerichtete Anspruch war zwischen den Parteien zwar nicht streitig, nutzte dem Kunden jedoch nichts, da er wirtschaftlich wertlos war.

Bislang war ungeklärt, welche Sanktionen drohen, wenn eine Unternehmergesellschaft unter einer falschen Firmierung geführt wird. Der BGH hatte nun Gelegenheit zur Klärung dieser Haftungsfrage.

Er stellte klar, dass der Handelnde bei Verwendung des falschen Rechtsformzusatzes „GmbH” einen Rechtsschein setzt, für den er persönlich haftet. Dabei verwies das Gericht auf seine Rechtsprechung, wonach der Handelnde kraft Rechtsschein persönlich haftet, wenn er bei Vertragsschluss für eine GmbH unter Weglassen des (zutreffenden) Rechtsformzusatzes „GmbH” unterschreibt.

Diese Grundsätze sind auch anzuwenden, wenn jemand für eine Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) handelt und den gesetzlichen Rechtsformzusatz gänzlich weg lässt. Darüber hinaus gelten sie aber auch dann, wenn der falsche Rechtsformzusatz der GmbH verwendet wird. Dies führe nämlich bei Ge-schäftspartnern zu der falschen Annahme, sie würden mit einer Gesellschaft einen Vertrag schließen, die wenigstens über das gesetzliche Mindeststammkapital in Höhe von 25.000 Euro verfügt oder zumindest mal darüber verfügt hat.

III. Fazit für die Praxis:

Der Gesetzgeber hat mit der noch jungen Unternehmergesell-schaft eine Rechtsform geschaffen, die einerseits kein Mindeststammkapital vorsieht, bei der andererseits die Haftung aber grundsätzlich auf das Gesellschaftsvermögen beschränkt ist. Um diese Umstände deutlich zu machen, hat der Gesetzgeber klare Vorgaben hinsichtlich der Firma gemacht, die zwingend die Rechtsformzusätze „Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)” oder „UG (haftungsbeschränkt)” enthalten muss. Jeder soll wissen, worauf er sich ggf. einlässt. Geschäftsführer von GmbHs und Unternehmergesellschaften sollten in der Praxis daher tunlichst darauf achten, die gesetzlich vorgeschriebenen Rechtsformzusätze korrekt zu verwenden und in allen Geschäftsbriefen – einschließlich Emails -, Verträgen, Rechnungen und sonstigen Geschäftspapieren die gesetzlichen Mindestangaben stets vollständig und richtig anzugeben.

IV: Volltext der Entscheidung

Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier:

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Urteil GesR BGH II ZR 256 11 Rechtsscheinhaftung unrichtiger Rechtsformzusatz